Alles begann mit einer Mettwurst
11.09.2023
100 Jahre Biohof Muhs: Schon die vierte Generation wirtschaftet in Krummbek – Familienkonzept geht auf

Krummbek. Was vor 100 Jahren mit einer aus der Not heraus geborenen Idee entstanden war, ist heute ein erfolgreicher Betrieb. Der Biohof Muhs in Krummbek. Mittlerweile wirtschaftet die vierte Generation auf dem Hof mit, der nicht nur in der Probstei, sondern auch im Kieler Umland seine Fans hat. „Mach lieber weniger, dafür in guter Qualität“ ist seit jeher das Credo des Betriebs. Für Rainer Muhs war damit klar: „Das geht auf Dauer nur mit Bioproduktion.“ Gemeinsam mit Ehefrau Anne-Marie wagte er 1992 den Schritt und stellte den Betrieb um.
Wenn Rainer Muhs auf die Firmengeschichte blickt, begann alles mit der Mettwurst, die sein Großvater Emil Muhs vor 100 Jahren herstellte. Eigentlich zur Selbstversorgung. Doch er hatte die Idee, die Mettwurst auch den Stadtmenschen in Kiel anzubieten. „Meine Großeltern fuhren erst mit dem Zug, Hein Schönberg, später mit Pferd und Wagen nach Kiel, im Korb Mettwurst, Schinken und Eier, und boten sie auf dem Wochenmarkt am Exerzierplatz an“, erzählt Muhs. Das war die Geburtsstunde des heutigen Biohofes Muhs.
Nach dem Krieg übernahm sein Vater, Kurt Muhs, den Betrieb, machte seine Schlachterausbildung und blieb gemeinsam mit Ehefrau Thea beim bewährten Konzept. Die Kieler Stammkunden hatten ihnen die Treue gehalten, sodass sie den Grundstein für die nächste Generation legen konnten.
„Für mich war schon früh klar, dass ich einmal in den Betrieb einsteigen würde“, sagt Rainer Muhs. Er lernte Schlachter und Landwirtschaft – hatte damals bereits das Thema Bio im Hinterkopf. Denn für ihn ist bis heute das seit Generationen gepflegte Motto (“Lieber weniger, dafür gut“) gleichbedeutend mit der Bioproduktion. Gemeinsam mit Ehefrau Anne-Marie informierte er sich, sammelte Erkenntnisse, hatte schließlich trotz großer Skepsis auch seine Eltern mit im Boot.
1992 begannen sie, den Hof auf Bioproduktion umzustellen, stellten sich den Anforderungen an die Tierhaltung, die Futterproduktion, die Schlachtung und die Dokumentation, die für das Bio-Siegel notwendig sind.
„Es hat damals schon Überwindung gekostet, die Mauern einzureißen“, erinnert sich der 58-Jährige. Er folgte – gegen den gut gemeinten Rat von Biolandwirten – seiner Überzeugung und behielt sowohl die Pflanzenproduktion als auch Tierhaltung.
„Viele haben gesagt, beides funktioniert nicht, aber ich habe mich nicht beirren lassen. Ich bin Schlachter“, so Muhs. Doch das brachte auch Hürden mit sich. So musste 2010 nach der EU-weiten Schlachtrichtlinie ein neues Schlachthaus angebaut werden. „Wir als kleiner Schlachtbetrieb wurden plötzlich mit großen Schlachthöfen gleichgesetzt und hatten dieselben Anforderungen zu erfüllen“, sagt er.
Die jährlichen Überprüfungen durch die Kontrollstellen nimmt er inzwischen gelassen. „Es ist gut und richtig, dass derjenige, der sich Bio nennt, auch darauf hin kontrolliert wird“, so der Krummbeker. Allerdings wünsche er sich, dass die Vorgaben differenzierter und betriebsabhängig erfolgen sollten. „Ich habe manchmal das Gefühl, man wird eher behindert als unterstützt. Eine unterstützende Begleitung durch die Ämter würde ich mir wünschen“, sagt Muhs. Gleichwohl habe er auch viele positive Erfahrungen im Umgang mit den Behörden gemacht. Umso mehr freue er sich, dass mit ihm gemeinsam Tochter Jana und Ehemann Bernd Muhs den Betrieb führen.
„Beide bringen ihre Kompetenzen in den Betrieb ein. So können die vielschichtigen Aufgaben auf mehr Schultern verteilt werden. Wir haben inzwischen rund 20 Mitarbeiter. Da geht es auch um Personalplanung und -führung, Teambildung ist uns sehr wichtig“, nennt Muhs Beispiele. Perspektivisch werden alternative Energien weiter ausgebaut. Bereits seit zehn Jahren nutze man Solarstrom für die Kühlung, seit über 20 Jahren werde der Betrieb mit Hackschnitzeln beheizt. „Die Heizung wird jetzt erneuert und erweitert, weitere Häuser werden angeschlossen“, kündigt Muhs an.
Neue Ideen hat auch Tochter Jana Muhs. Die Ökotrophologin will den Betrieb noch weiter für Menschen und Besucher öffnen. Ein Beispiel sind kulturelle Angebote, wie die jüngste Lesung, gepaart mit Essen und Trinken, um den Hof auch zu einem Begegnungsort zu machen.
Biohof Muhs: Vorreiter bei der Bauernhofpädagogik
Ein Beispiel für die Vorreiterrolle, die der Biohof Muhs seit jeher hatte: Im Jahr 2000 eröffnete Anne-Marie Muhs den ersten Bauernhofkindergarten im Betrieb, heute ist sie bundesweit als Fachfrau für Bauernhofpädagogik gefragt. Fünf Kitas gibt es bereits im Kreis Plön, die mit ihrer Unterstützung entstanden sind.
Der Senior, der noch immer „ein Auge auf den Betrieb“ hat, wie er gesteht, ist heute rundum zufrieden. „Wir waren sehr skeptisch, hatten viele schlaflose Nächte, aber wir wollten uns nicht gegen die Kinder stellen, sondern gemeinsam den Betrieb weiterführen“, sagt Kurt Muhs.
Heute freut er sich über den Mut der „jungen Leute“ und die Zielstrebigkeit, mit der sie den Betrieb weiterentwickeln. „Das war genau der richtige Weg.“
Quelle: Kieler Nachrichten